„Du bist mir nicht egal“

flüsterte sie und drückt ihre Lippen vorsichtig auf die meinen. Ich war etwas verwirrt, da sie das noch nie zuvor gemacht hatte, aber dennoch genoss ich es und dachte nicht mal daran damit aufzuhören. Nachdem sich unsere Lippen langsam wieder gelöst hatten, schaute sie in mein überraschtes Gesicht, fing an zu lächeln und beendete leise ihren Satz mit den Worten

„denn ich liebe dich“

Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte, denn ich empfand das gleiche für sie. Zu diesem Zeitpunkt war ich einfach viel zu überrascht und glücklich zugleich. Sie schien mir meine Worte, die ich nicht aussprechen konnte, aus dem Gesicht ablesen zu können, denn kurz darauf umarmte sie mich und küsste mich ein zweites Mal. Dann lehnte sie ihren Kopf seitlich an meinen und ich nuschelte zum ersten mal in meinem Leben die Worte

„Ich liebe dich auch mein Schatz“

Kurz darauf klopfte meine Mutter an der Tür und sagte, dass es Essen gibt. Wir gingen nach unten in die Küche und saßen, wie immer, schweigend am Esstisch und aßen. Meine Mutter versuchte die Stimmung etwas aufzulockern und erzählte von ihrem Tag. Danach fragte sie meinen Stiefvater nach seinem Tag. Ich wollte schon sagen:

„Als ob es hier an diesem Tisch irgendwen interessiert wie dein Tag war oder was du gemacht hast. Es wäre schön, wenn du auf der Arbeit umgekommen wärst“

doch mit einem Blick, der sagte ich solle es lassen, da es nur für noch mehr Anspannung sorgen würde, zeigte Amely mir mal wieder, dass sie mich sehr gut kannte. Mein Vater erzählte irgendwas an das ich mich nicht mehr erinnere, was davon zeugt wie spannend es doch gewesen sein muss. Nach dem Essen ging Amely nach Hause und ich fragte meine Mutter ob ich sie begleiten dürfe. Mit großem Widerwillen erlag sie unseren Überredungskünsten und ich durfte meine Freundin nach Hause begleiten. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich sie zu diesem Zeitpunkt schon so nennen konnte, jedoch denke ich schon, da wir beide wussten, dass wir uns liebten. Wir gingen nicht direkt zu ihr nach Hause, sondern haben uns noch im Park auf eine Bank gesetzt, einfach, weil wir da alleine waren. Ich kuschelte mich an sie, als sie mich plötzlich fragte, ob ich sie wirklich liebe. Ohne zu zögern küsste ich sie und flüsterte danach, dass ich noch nie mehr für eine Person empfunden habe. Sie lächelte mich an, stand auf und sagte:

„Meine Eltern machen sich Sorgen wenn ich nicht langsam nach Hause komme, tut mir leid. Wir sehen uns morgen in der Schule.“

Ich verabschiedete mich ebenfalls und ging wieder nach Hause.

Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Wecker geweckt. Ich war sofort hellwach. Aber nur, weil es ein Traum gewesen sein musste. Ich konnte mich an nichts mehr was danach geschah erinnern. Es war sehr merkwürdig. Dann habe ich auf mein Handy geguckt und ich hatte genau eine Nachricht. Sie war von Amely, in ihr schrieb sie:

„Guten Morgen Schatz, ich hoffe du hast gut geschlafen. Der Abend gestern mit dir war wunderschön und ich werde ihn nicht vergessen…“

Da wusste ich, dass ich es nicht nur geträumt hatte. Doch die Nachricht ging noch weiter:

„…ich weiß nicht, ob es die anderen wissen sollten. Ich meine, es kommt vielleicht nicht so gut wenn ich mit dir zusammen bin. Nicht, dass ich mich für dich schäme, aber wir wissen beide, dass du von unseren Mitschülern nicht gerade gut angesehen bist und ich schon. Wenn sie wissen, dass ich mit dir zusammen bin, könnte sich das schlecht auf mein Image auswirken. Damit dass wir befreundet sind kommen ja auch schon nicht alle klar.“

Ich habe ihr auf diese Nachricht nicht geantwortet, weil ich es mit ihr nicht über Whatsapp klären, sondern ihr dabei in die Augen schauen wollte. Trotz aller Freude, hatte ich jetzt ein komisches Gefühl. Ich wusste zwar, wo Rauf sie hinaus wollte und dass sie vermutlich recht hatte aber dennoch war das halt ziemlich mies. Dann ging ich runter um mich fertig machen. Ich war an diesem Morgen so früh fertig wie schon lange nicht mehr, da ich Amely auf dem Weg zur Schule abfangen wollte. Da stand ich nun, habe gewartet und wurde von jedem zweiten der vorbei gelaufen ist dumm anguckt. Wie eigentlich immer. Als Amely mich sah, fing sie an zu lächeln. Sie lief auf mich zu, umarmte mich, riss mich fast um und küsste mich. In dem Moment war ich mir sicher, dass sie ihre Meinung geändert hatte. Denn es hätte nur einer aus der Schule sehen müssen und ein paar Stunden später würde es die ganze Schule wissen. Wir gingen zur Schule hoch und sie verschlang unauffällig ihre Hand in meine. Oben angekommen gingen wir an den Ort, wo wir uns sonst auch immer in den Pausen getroffen haben, in eine kleinen Ecke auf dem Schulhof in der uns keiner beobachten konnte. Sie drückte mich gegen die Wand und küsste mich. Ich genoss es, wie immer wenn sie mich küsste. Doch diesmal war es irgendwie anders, ich merkte wie ihre Zunge langsam einen Weg in meinen Mund suchte, aber ich wusste nicht genau was ich machen sollte, also tat ich es ihr gleich und auf eine merkwürdige Art verknoteten sich unsere Zungen, ein wundervolles Gefühl. Als wir aufhörten uns zu küssen fragte sie mich, ob ich so etwas jemals zuvor gemacht hätte. Ich guckte beschämt nach unten und schüttelte fast unmerkbar den Kopf.

„Das ist nicht schlimm, ich habe das auch noch nie gemacht. Genau das ist der Grund warum es uns schwer fallen dürfte zu verstecken, dass wir uns lieben.“

sagte sie und ich wollte sie gerade unterbrechen doch sie hielt mir ihren Zeigefinger vor den Mund, wartete kurz und redete weiter:

„Ich habe heute Morgen total den Scheiß geschrieben, es tut mir leid. Natürlich werde ich es nicht an die große Glocke hängen, dass wir zusammen sind aber warum sollte ich es geheim halten? Entweder die Leute kommen damit klar oder nicht.“

Damit hat sie das ausgesprochen was ich seit dem Morgen gedacht habe, ich war zu diesem Zeitpunkt der vermutlich glücklichste Mensch der Welt. Es tut gut zurück zu denken. Dann hat es geklingelt, wir sind nach oben in unser Klassenzimmer. Und schon draußen, auf dem Flur vor dem Klassenzimmer, hat man das heutige Gesprächsthema meiner Klassen Kameraden gehört. Es ging, wie so oft, um mich. Allerdings fiel auch oft Amelys Name und wir guckten uns an und ich habe an ihren Augen schon gesehen, dass sie ebenfalls wusste, dass es um uns ging. Sie küsste mich noch einmal kurz und dann gingen wir zu den anderen. Es war anders als sonst, es wurde sofort leise als wir rein kamen. Ich wusste bis zu dem Zeitpunkt gar nicht, dass diese Klasse so leise sein kann. Ich setzte mich, wie immer, einfach auf meinen Platz und habe nichts gesagt. Vorsichtig habe ich zu meiner Freundin geguckt und ich habe ihr angesehen, dass sie mit dieser Ruhe nicht so gut klar kam wie ich. Ich war es gewohnt von allen ignoriert zu werden, doch für sie war das neu. Man hörte von hinten aus dem Zimmer leises Geflüster, doch ich konnte nicht verstehen was sie sagten. Als unsere Lehrerin rein kam, setzten sich alle auf ihre Plätze, doch die ungewohnte Stille blieb. Ich glaube, ihr fiel diese im ersten Moment gar nicht auf. Während des Unterrichts blieb es die ganze zeit relativ ruhig, ab und zu hat man mal den Namen Amely oder den meinen gehört. In der ersten Pause hatte sie leider keine Zeit, wodurch ich mit meinen Freunden alleine war. Man muss wissen, dass sie eher Freunde waren, mit denen man nicht über alles geredet hat, sondern eher einfach nur gelacht hat. Aber dennoch habe ich ihnen vollkommen vertraut. Wir standen ganz normal, wie eigentlich nahezu immer, in unserer Ecke, in der ich noch vor nicht mal zwei Stunden Amely geküsst habe. Es dauerte nicht lange, dann fragten sie mich, ob wir wirklich zusammen waren. Ich fragte natürlich sofort wie sie darauf kamen darauf sagte Nick, der deutlich dünnere und kleinere der beiden:

„Max meinte, sein Bruder hat euch heute morgen unten am Berg gesehen wie ihr euch…“

er zögerte, dann ergänzte Ben:

„…geküsst habt.“

natürlich wusste ich, dass wir uns geküsst haben, wie könnte ich das jemals vergessen. Ich wollte es dennoch erst abstreiten, bis ich mich erinnerte was die Wichtigste Person in meinem Leben mir am Morgen vor der Schule gesagt hatte.

„Ach, Max kann mich mal. Aber ja, das stimmt. Ich wäre euch jedoch dankbar, wenn ihr diese Information versucht etwas für euch zu behalten. Es muss ja nicht gleich jeder wissen.“

antwortete ich. Wie zu erwarten löcherten sie mich dann mit Fragen, wie zum Beispiel seit wann wir zusammen sind und wollten jede kleinste Einzelheit wissen. Ich versuchte sie abzuwimmeln, weil ich gerade meine beste Freundin gesehen habe und ich schon lange nicht mehr mit ihr geredet hatte. Bei ihr konnte ich mir auch ziemlich sicher sein, dass sie noch nichts von Amely und mir wusste.

Ich ging also zu Amanda, meiner besten Freundin und umarmte sie zur Begrüßung.

„Na, alles gut bei dir?“

fragte sie mich und ich sagte:

„Na ja, bis auf das übliche ist alles super. Du, ich muss dir was erzählen.“

 

„Ja, ich weiß. Du bist mit Amely zusammen. Man bekommt vieles mit, wenn man nicht immer nur, so wie ihr, in einer Ecke des Schulhofs steht“

antwortete sie mir, und ja ok, sie hatte schon Recht. Wir stehen halt immer nur in unserer Ecke und unterhalten uns, aber bewegen uns halt nie wirklich. Aber immerhin rauchen wir nicht, anders als sie. Es wundert mich manchmal echt, dass sie nicht erwischt wird wie sie mit ihrer Kippe über den Schulhof läuft. Das habe ich ihr auch schon gesagt, aber sie sagt immer es sei einfach nur Glück. Ich sprach sie nicht weiter auf das Thema „Amely“ an und sie mich auch nicht, da sie allgemein eine eher introvertierte Person war und nicht gerne in der Öffentlichkeit redete.

„Willst du heute Nachmittag zu mir kommen? Ich brauche jemanden dem ich alles von gestern erzählen kann, einfach um das besser verarbeiten zu können“

sagte ich dann nach ein paar Minuten des Schweigens, worauf sie antwortete:

„Gerne doch. Du weißt, dass ich immer für dich da bin und ich jederzeit zu dir kommen würde, egal wann und warum, wenn es sein muss würde ich auch nachts um drei noch zu dir kommen, du bist mein bester und eigentlich auch einziger Freund, ich habe dich lieb.“

Das war so unendlich süß, ich kann das jetzt gar nicht in Worte fassen. Sie hat dann noch gesagt, dass sie mich dann nachher am Klassenzimmer abholt und ich ging nach oben. Vor der Tür traf ich noch Amely, sie unterhielt sich mit unserer Lehrerin, als ich fragte worum es geht, meinte Frau Stein nur, ich solle in die Klasse gehen sonst müsse ich die Hausordnung abschreiben. Selbstverständlich habe ich mich dann gegen die Hausordnung entschieden und setzte mich auf meinen Platz. Am Ende der Doppelstunde habe ich meine Freundin vor dem Klassenzimmer abgefangen und sie gefragt, über was sie geredet haben.

„Über meine Noten, weil ich in Deutsch vielleicht dieses Halbjahr auf eine zwei abrutschen könnte. Als ob es mich interessiert ob ich eine eins oder eine zwei habe.“

Antwortete sie mir etwas genervt, weil sie das wohl schon etwas öfter gefragt wurde. Ich fragte sie dann ob das alles war über das sie geredet hatten, dann sagte sie nein, sie hätten auch noch über uns geredet. Ich hinterfragte es nicht weiter, dachte mir aber das es schon etwas respektlos und ein ziemlich großer Eingriff in die Privatsphäre ist, wenn man den Schüler einfach nach seinem Liebesleben ausfragt, dass am besten noch mit einem anderen Schüler zu tun hat, aber das ist ja nur meine Meinung. Wir gingen in unsere Ecke, küssten uns ein mal kurz weil dann auch schon Nick und Ben kamen. Nick lächelte kurz und sagte :

„Na ihr Turteltauben“

und ich glaube, wenn Blicke töten könnten dann wäre Nick, als Amely ihn anguckte, mehr als tot gewesen. Sie fragte mich dann, so leise das es die anderen nicht hören konnten, ob sie heute Nachmittag zu mir kommen könnte. Ich musste leider ablehnen, da Amanda schon vorbei kommt.

Nach dem Unterricht ging ich mit Amanda nach Hause, ich wunderte mich erst, dass niemand zuhause war aber dann dachte ich mir, dass meine Mutter bestimmt meine Schwester aus der Kita abholt. Wir gingen nach oben in mein Zimmer und ich erzählte ihr alles was am Vortag passierte. Sie war wirklich meine aller beste Freundin und ich glaube, sie ist die einzige Person die das was ich gleich vorhabe schlimm findet. Als meine Mutter zum Essen rief musste sie leider gehen und ich bin auch gegangen, weil ich nicht schon wieder mit meinem Stiefvater an einem Tisch sitzen wollte. Zuerst hatte ich überlegt mich einfach in den Park zu setzen und ein wenig in Ruhe nachdenken zu können, doch dann entschied ich mich spontan dazu, zu Amely zu gehen. Das war dann das erste Mal, dass ich bei ihr war als ihre Eltern zuhause waren. Woran ich zu dem Zeitpunkt nicht gedacht habe war, dass ihre Tante Lehrerin bei uns an der Schule war und sie es natürlich auch wusste. So was kann man dann natürlich nicht für sich behalten muss es gleich der ganzen Familie mitteilen. Als die Mutter der wundervollsten Person auf Erden mir die Tür öffnete, sagte sie:

„Ah, du musst der eine Junge sein. Amely muss noch im Haushalt helfen aber sie kann auch gerne mit dir in ihr Zimmer gehen.“

 

„Nein, ich kann auch wieder gehen wenn ich unpassend komme. War ja auch nicht angemeldet“

antwortete ich aus reiner Höflichkeit, obwohl ich eigentlich wusste, dass sie mich nicht weg schicken würde. Deswegen habe ich auch schon ihre Antwort vorausgesehen, diese war:

„Nein, alles gut. Ich will dir ja nicht verbieten deine Freundin zu sehen.“

Im ersten Moment war ich etwas überrascht, dass sie es wusste, aber dann ist mir das mit der Tante wieder eingefallen.

Nun saßen wir hier oben auf ihrem Bett. Ich erzählte ihr von meinem Tag. Sie hörte aufmerksam zu, obwohl es eigentlich nichts spannendes war. Eigentlich war nur Amanda bei mir und wir haben uns unterhalten, sonst habe ich ja nichts gemacht. Dann unterbrach sie mich plötzlich und fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Ich antwortete schnell mit einem einfachen

„Ja“

was natürlich nicht stimmte. Es ging mir niemals wirklich gut. Sie muss es irgendwie gemerkt haben, dass ich gelogen habe, denn sie kuschelte sich an mich und sagte dann in einem sanften, beruhigenden Ton:

„Es ist in Ordnung wenn du nicht reden möchtest, aber bitte lüge mich nicht an. Ich weiß, dass es dir selten gut geht, also sage mir bitte nicht einfach, dass es dir gut geht. Sei ehrlich! Du musst mir nicht unbedingt sagen was los ist, aber sage mir nicht, dass nichts los ist.“

Dann guckte ich beschämt in ihr Gesicht und sagte dann:

„Okay. Es geht mir gerade ziemlich schlecht, da ich in letzter Zeit sehr viel nachdenke. Auch mit dem Mobbing komme ich nicht so gut klar, wie es vielleicht nach außen hin scheint. Ich konnte so was schon immer gut verstecken, aber in Wirklichkeit bin ich gar nicht so stark.“

Sie schaute mir verständnisvoll in die Augen und antwortete dann:

„Oh, das wusste ich nicht. Wenn ich irgendwie helfen kann, sage es mir Schatz und wenn ich fragen darf, über was denkst du nach?“

Ich überlegte kurz, weil ich mir nicht sicher war, was ich ihr alles erzählen sollte. Ich meine, meine Gedanken gingen von „Was esse ich heute?“ bis zu „Ich sollte mich umbringen!“. Dann entschloss ich mich, einfacherweise einfach zu sagen, es sei nichts besonderes. Darauf hin sagte sie, wie es vermutlich jeder machen würde:

„Das ist schön wenn es nichts besonderes ist, dann kannst du es mir ja ohne Probleme sagen.“

Ich zögerte einen kurzen Moment, dann sagte ich:

„Ich denke immer noch sehr viel über gestern Abend nach, über das Mobbing an der Schule und noch über vieles mehr, teilweise sehr schlimme Sachen. Ich überlege mich umzubringen.“

Amely guckte mich überrascht und mit angst in den Augen an, dann ergänzte ich:

„Schatz, du weißt wie schwierig es gerade für mich ist und ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte. Natürlich sehe ich ein, dass du niemals willst, dass ich von euch gehe, und auch Amanda will es nicht. Aber ich kann nicht immer Rücksicht auf die anderen nehmen, bisher habe ich es geschafft, aber das was die anderen sagen macht mir halt sehr zu schaffen, daran kann die Meinung von zwei Personen, egal wie nah sie mir stehen, nichts ändern. Es tut mir leid.“

Sie wollte nun etwas sagen, vermutlich etwas, das mich von diesen Gedanken abbringen sollte, aber ich küsste sie ins schweigen, weil es eh nichts gebracht hätte. Wir saßen noch ein wenig da, küssten uns und unterhielten uns über alles mögliche.

Die nächsten paar Tage war Amely eigentlich immer bei mir, doch das änderte sich blitzartig, an einem Tag.

Er fing ganz normal an, wie jeder andere Tag auch, mein Wecker klingelte, ich stand auf und machte mich fertig. Dann ging ich zur Schule, doch noch bevor ich oben ankam, wäre ich fast vorne über gefallen, als Amely von hinten auf meinen Rücken sprang. Ich konnte mich zum Glück noch halten, sie hat dann aber auch wieder los gelassen, ich drehte mich um, umklammerte ihren Oberkörper und küsste sie relativ lange mit Zunge. Wir gingen dann zusammen in das Klassenzimmer, da wir schon relativ spät dran waren. Es war schon lange nicht mehr so ruhig, wie als wir das erste Mal herein gekommen sind. Es wurde, wie immer, laut in allen ecken geredet. Da über Fußball, in einer anderen über Amely und mich und in einer wieder anderen über die bald anstehenden Halbjahreszeugnisse. Amely ging zu ihren Freundinnen und ich setze mich schweigend auf meinen Platz, darauf wartend, dass der Schultag so schnell wie möglich vorüber geht. Dann stand auf einmal ein etwas kleinerer, pummeliger Junge namens Max vor mir. Links und rechts von ihm standen, wie Bodyguards, zwei kräftig gebaute 9. oder 10. Klässler, deren Namen ich nicht kannte.

„Hey, Knirps. Hast du heute schon irgendwas vor?

Nein?

Gut, denn du wirst nach der Schule mit uns mit kommen.“

Ich lächelte kurz und sagte dann:

„Da nennt mich der zweit kleinste in der Klasse wirklich Knirps. Ich finde das ziemlich amüsant, wenn ich ehrlich sein soll. Und ich bin der festen Überzeugung, dass ich selber entscheiden kann, was ich in meiner Freizeit mache.“

Die meisten würden das, was ich da gemacht habe, vermutlich unter keinen Umständen machen. Ganz einfach aus dem Grund, weil Max eigentlich die ganze Schule kontrolliert. Wenn man sich gegen ihn wendet, wendet man sich praktisch gegen die ganze Schule. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb ich so gemobbt werde. Ich lege mich des Öfteren mal mit Maximilian an. Auf jeden Fall, trat dann einer seiner „Bodyguards“ vor und wollte mir sicherlich ein rein hauen. Doch dann kam auf einmal Amely mit Amanda und sagte, sie sollen aufhören. Dann gingen sie zu zweit auf die Mädchen zu, doch Max pfiff sie mit einem Handzeichen zurück und zeigte mir mit einem weiteren Handzeichen, dass er mich im Auge behält, bevor er zu anderen ging, um sie zu belästigen.

„Ich sag dir, irgendwann geht das nicht mehr gut, wenn du dich immer mit ihm anlegst. Ich lass ihn ja auch in Ruhe, obwohl ich ihn am liebsten umbringen würde.“

Sagte Amanda zu mir doch ich entgegnete

„Dieser kleine Vollidiot hat doch nicht mal die Eier, sich mit jemandem alleine anzulegen. Selbst wenn ich querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzen würde, würde ich noch mit ihm fertig werden, wenn er denn nur mal alleine wäre.“

Bevor Amely noch etwas dazu sagen konnte, kam unser Lehrer rein, Amely setzte sich auf ihren Platz und meine beste Freundin huschte aus dem Klassenzimmer. Der Rest des Schultages ging relativ schnell herum und am Nachmittag kam Amely mit zu mir. Wir saßen also dann hier, in meinem kleinen Zimmer auf dem Bett. Wir redeten über den Heutigen Tag, was vorhin so passiert ist und dass ich mich wirklich nicht so oft mit Max anlegen sollte, sie könne nicht immer da sein, um mich vor seinen Leuten zu schützen.

„Früher warst du auch nicht da, ich habe es trotzdem immer geschafft, mich genug zu schützen, dass ich überlebte.“

sagte ich trocken.

Wir unterhielten uns noch ein wenig und kamen irgendwie auf meine Depressionen zu sprechen. Aber nur kurz.

Nach einer Weile, setzte sie sich auf meinen schoss und fing an mich zu küssen. Ich ließ mich nach hinten fallen und sie beugte sich zu mir runter. Amely küsste mich immer noch. Doch plötzlich kam meine Mutter rein. Sie hat nicht geklopft, nicht gefragt, ob sie rein kommen darf, sie kam einfach rein und erschrak, als sie uns sah. Auch wir erschraken, als wir sahen, dass sie im Zimmer war. Sie befahl meiner Freundinnen, sofort das Haus zu verlassen und sagte auch, sie habe Hausverbot. Ich wollte mit ihr mit gehen, doch meine Mutter meinte, ich dürfe nicht. Ich verabschiedete mich und streitete mit meiner Mutter, dass sie das ja nicht tun könne. Letztendlich rannte ich einfach raus und fand Amely heulend auf einer Parkbank sitzen. Ich setzte mich neben sie und nahm sie in den Arm.

„Was soll die Scheiße? Sie kann mir doch nicht einfach verbieten dich zu sehen.“

Sagte sie mit verheulter Stimme und ich antwortete erst mal nicht, dann sagte ich:

„Wir können uns immer noch treffen, nur halt nicht bei mir. Treffen wir uns halt ab sofort nur noch bei dir. Aber wir werden uns noch treffen, versprochen!“

Ich war mir nicht sicher, ob ich dieses Versprechen einhalten konnte, weil meine Mama mit Sicherheit nicht wollte, dass ich sie auch nur noch ein einziges mal sehe. Aber ich werde alles tun, dass wir uns noch so oft wie möglich treffen können.

Wir saßen noch ein wenig auf der Parkbank und irgendwann gingen wir dann nach Hause. Die nächsten Tage verliefen alle relativ ähnlich, ich habe mich das ein oder andere mal mit Max und seiner Gang angelegt und mich eigentlich jeden Tag mit Amanda oder Amely getroffen. Das ging relativ einfach, ich bin einfach gar nicht nach Hause gegangen, sondern direkt nach der Schule zu Amely, so, dass meine Mutter mich nicht aufhalten konnte. Doch naja, dadurch, dass ich mich immer mehr mit Max angelegt habe, wurde das Mobbing stärker und ja. Ich glaube, es gibt jetzt nicht mehr wirklich viel zu sagen.

Ich sitze jetzt hier und erzähle diese kleine Geschichte. Mit ein paar Flaschen Bier, die ich getrunken habe und einer Packung Schlaftabletten, die hier neben mir liegen.

Ich kann nicht mehr.

Das Mobbing geht mir zu weit.

Es tut mir leid für meine Freunde.

Ich nehme jetzt die Tabletten.

Tschüss.